
Was ist die «Ethik Kommission» bei Scientology und was versteht man darunter?
Diese Kommission (internes Rechtssystem) ist bei der ganzen hierarchischen Scientology Struktur übergreifend und funktioniert wie ein eigener Justizapparat. In unserer Sprache wäre es mit den diversen Gerichten zu vergleichen, welche eigene Staatsanwälte / Detektive / Ermittler zur Ausführung und Kontrolle, der von L. Ron Hubbard erstellten Regeln hat:
«Dies dient jedem Scientologen als praktisches Ethik- und Rechtssystem, das ausschliesslich auf Vernunft beruht. Diese wirkungsvolle Technologie, durch die man Überleben und Freiheit gewährleistet, trotz der enger werdende Abwärtsspirale der Zivilisation. Sie stellt die Mittel zur Verfügung, mit Hilfe derer Menschen ethischer werden und ihre unendliche Überlebensfähigkeit wiedergewinnen können.» Das ist jetzt nur ein Teil des Vorworts im Buch «Einführung in die Ethik der Scientology».
Ein Ethik-Offizier ist ein SeaOrg Mitarbeiter, der die Ethik-Richtlinien in einer Scientology Organisation durchsetzt, um den Bereich frei von „Störungen“ zu halten und es somit allen zu ermöglichen, in den vollen Genuss der Gewinne zu kommen, die die Scientology Technologie zu bieten hat. (L. Ron Hubbard – Einführung in die Ethik der Scientology).
Im Buch «Was ist Scientology?» wird der Ethik-Offizier übrigens als jemand beschrieben, der einem Scientologen helfen soll, bei ethischen Entscheidungen die richtigen Schritte zu unternehmen.
Was schreibt der Verfassungsschutz in seinem Bericht dazu?
«Für die organisationsinterne Überwachung sind sogenannte Ethik-Offiziere einer speziellen Ethik-Abteilung, ein Ethik-Gericht und ein Komitee der Beweisaufnahme (ausgestattet mit einer Art rechtssprechender Vollmacht) verantwortlich. Die Sanktionen werden mittels schriftlicher Ethik-Befehle festgesetzt.
Das Ethik-Gericht wird bei grundsätzlichen Verstössen gegen Vorschriften von Scientology einberufen. Ein «Richter» beurteilt die entsprechenden Tatsachen» und gibt eine Empfehlung ab, anhand dieser «Wiedergutmachungsleistungen» angeordnet werden können.
Das Komitee der Beweisaufnahme wird dagegen aktiv, um schwerwiegendere Angelegenheiten zu verhandeln. Das Komitee besteht aus mehreren Personen, kann Zeugen vorladen und gibt eine Empfehlung für weitere Massnahmen an.
Jeder Scientologe ist dazu aufgefordert, «unethisches Verhalten (Overts)» anderer Scientologen – also Verhalten, das gegen Scientology-Richtlinien verstösst – an diese Überwachungsinstitutionen zu melden.
Jenna Miscavige-Hill: «Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht» München 2014, S. 443 sagt dazu:
«Meine stärksten Bedenken bei Scientology hingen mit den «Overts» zusammen. Da ich in der Kirche aufgewachsen war, hatte ich nie wirklich begriffen, wie wichtig und schützenswert die eigene Individualität ist. Sobald man einen eigenständigen Gedanken äusserte, oder eine Meinung, die nicht der Scientology-Lehre entsprach, wurde man eines «Overts» oder eines falsch verstandenen Worts bezichtigt (…). Es handelte sich um eine vollkommene Unterdrückung des eigenen Denkens, nichts weiter».
Die Aussage der Aussteigerin aus der Schweiz (ihre komplette Geschichte ist auf unserer Homepage zu lesen):
«Jeder Mitarbeiter hatte seine eigenen Statistiken Ich als Kursleiterin bekam jede Woche Ziele vorgegeben, die ich erreichen musste. Ich wusste, wie viele meiner Studenten ihren Kurs abzuschliessen hatten, damit sie auf einen weiteren Kurs gesetzt werden konnten. Ich wusste, wie viele Studenten bei mir einen Kurs zu starten hatten. Ich gab alles, um die oft unrealistischen Ziele zu erreichen. Der Witz an den Statistiken war, dass wir jede Woche mehr leisten mussten. Gelang es mir die Statistik hochzubringen, wurde ich von allen geliebt. Ging es schief, kümmerte sich die Ethik-Abteilung um mich. Die Leute in der Ethik-Abteilung wachen darüber, dass jeder Scientologe ein ethisches Leben führt. Gemäss den Aussagen Hubbard’s ging eine Statistik nur runter, wenn man sogenannte Overts hatte. Overts sind Vergehen oder Sünden. Indem man all seine Vergehen genau aufschrieb, konnte man sein Gewissen reinwaschen und die Ethik-Abteilung hatte wieder etwas mehr Kontrolle.»
Das ganze System ist vollkommen durchkontrolliert, im Grunde genommen gibt es keine Chance, da wieder rauszukommen.
Im Buch «Einführung in die Ethik der Scientology» erklärt L. Ron Hubbard unter anderem, wie Menschen, die sich in der Nähe eines Mächtigen bewegen, am erfolgreichsten leben und überleben können. Das Folgende erscheint uns sehr bedenklich und zeigt seine paranoischen Züge auf. Hubbard erklärt, als Diener eines Mächtigen müsse man sich selbst genügend Autorität geben lassen, um diesem den Rücken freihalten zu können. Auch muss der Vorgesetzte nicht immer alles erfahren.
Hier die Textpassagen:
«Sie braucht nicht all die schlechten Nachrichten zu erfahren, und wenn sie wirklich eine Machtperson ist, wird sie nicht immerzu fragen «Was sollen die Leichen draussen vor der Tür?». Und wenn Sie klug sind, dann lassen Sie niemals den Gedanken aufkommen, dass er sie umgebracht hätte – das schwächt Sie und fügt auch der Quelle der Macht Schaden zu. «Nun, Boss, was all diese Leichen betrifft, so wird niemand auf den Gedanken kommen, dass sie es getan hätten. Die da drüben, deren rosa Beine aus dem Haufen herausragen, die möchte mich nicht.» Wenn der Boss wirklich eine Machtperson ist, wird er sagen: «Nun, warum belästigst du mich damit, wenn es erledigt ist und du es getan hast. Wo ist meine blaue Tinte?
Oder «Käpten, drei Leute von der Hafenpolizei werden bald mit Dober, ihrem Koch, ankommen und Ihnen sagen wollen, dass er Simpson zusammengeschlagen hat.» «Wer ist Simpson?» «Ein Angestellter beim gegnerischen Büro in der Stadt.» «Gut, wenn sie damit fertig sind, bring Dober runter auf der Krankenstation und lass ihm jeden nötige Behandlung zukommen, die er braucht. Ach ja, und noch etwas: Erhöhe seinen Lohn.»
Völliger Blödsinn und Machtspiele in Reinkultur. Es geht nicht darum, ob «Dober» vielleicht Unrecht begangen hat, es geht nur darum, dass er einem «Gegner» Schaden zufügen konnte. Dies hat mit normalem, «religiösem» oder ethischen Handeln überhaupt nichts zu tun. Es geht um Machterhalt um jeden Preis. Wenn es sein muss, darf man über Leichen gehen.
Zurück zur Ethik-Abteilung. Tom Voltz schreibt in seinem Buch «Scientology und (k)ein Ende», Düsseldorf, 1995, 43f folgendes:
«Abweichler, Andersdenkende und sich kritisch Äussernde geraten sehr schnell in die «Ethik-Abteilung» von Scientology. In krassen Fällen werden sie sofort vom Rest der Organisation, also auch ihren Mitstudierenden, abgeschottet. Im Notfall wird Hausverbot oder auch Redeverbot erteilt. Es heisst dann: «Dein einziger Ansprechpartner ist der Ethik-Offizier». Wer sich trotzdem noch kritisch bei Freunden (Mit-Scientologen) äussert, riskiert, eine so genannte «Nichtaufwühlungs-Anordnung» zu erhalten. Ihm wird der Mund verboten, da er andere «aufwühlt».
Unter «Disziplinarkodex» im selben Buch steht u.a.:
«Scientology verbietet das gesetzliche Recht der Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Dies ist selbstverständlich ein wesentliches Element der Scientologen Kontrolle. Wo sich nicht mehrere Menschen versammeln können, um gemeinsame Kritikpunkte zu erörtern beziehungsweise, um festzustellen, ob es gemeinsame Kritikpunkte gegen Anweisungen «von oben» gibt, da kann auch nie eine Reformbewegung in Gang gesetzt werden. Scientology hingegen kann viele Einzelkritiken zentral sammeln und dann jeden einzelnen «handhaben». Und derjenige, der die Kritik erstmals öffentlich äusserte, kann dann als der grosse Übeltäter an den Pranger gestellt werden.»
Wie bitte? Das läuft alles unter Ethik? Und es geht noch weiter! Die Scientologen werden aufgefordert, andere Scientologen zu verpfeifen (Wissensbericht an die Ethik-Kommission) – wer das nicht macht, macht sich selbst zum Schuldigen. Nun könnt Ihr staunen, über was alles Berichte geschrieben werden sollen.
Im Buch von L. Ron Hubbard «Einführung in die Ethik der Scientology» werden im Kapitel 10, Ethikberichte, 21 (!) Berichte detailliert erklärt (übergeordnet läuft alles unter Wissens- und Mitarbeiterberichte).
1. Schadensbericht:
Jeglicher Schaden, der an irgendeiner Sache bemerkt wurde, mit dem Namen der Person, die dafür verantwortlich ist, oder die für deren Reinigung verantwortlich ist.
2. Missbrauchsbericht:
Der Missbrauch oder falsche Gebrauch von jeglichen Geräten, jeglicher
Ausrüstung oder jeglichen Räumlichkeiten, das heisst, sie falsch oder für einen
nicht beabsichtigten Zweck zu benutzen.
3. Verschwendungsbericht:
Die Verschwendung von Material der Org.
4. Untätigkeitsbericht:
Untätigkeit von Geräten oder Personal, das in Aktion sein sollte.
5. Alter-is-Bericht:
Die Abänderung von Plänen, Richtlinien, Technologie oder Fehler, die beim Bauen
gemacht werden.
6. Verlust- oder Diebstahlbericht:
Das Verschwinden irgendeiner Sache, die da sein sollte, wobei alles angegeben
wird, was man über ihr Verschwinden weiss, wie z. B. wann sie zuletzt gesehen
wurde.
7. Ein Fundbericht:
Etwas, das gefunden wurde, wobei man den Gegenstand mit der Mittteilung
sendet oder angibt, wo er sich befindet.
8. Nicht-Befolgungsbericht:
Nicht-Befolgung rechtmässiger Anordnungen.
9. Dev-T-Bericht: (Dev-T Definition: Entwickelter Verkehr. Bedeutet, dass alles was nicht von „A“ direkt nach „B“ geht, als Mehrverkehr angesehen wird. Wenn man also Brot kaufen will und dabei erst noch beim Metzger vorbeigeht, um Hallo zu sagen, dann ist das schon ein Mehrverkehr oder unnütze Verschwendung von Zeit und Ressourcen).
10. Fehlerbericht:
Jeglicher Fehler, der begangen wurde.
11. Vergehensbericht:
Jegliches Vergehen, das bemerkt wurde.
12. Ein Verbrechensbericht:
Jegliches bemerkte oder vermutete Verbrechen, aber wenn es nur eine
Vermutung ist, muss das so angegeben werden.
13. Ein Schwerverbrechenbericht:
Jegliches bemerkte oder vermutetet Schwerverbrechen, aber wenn es nur eine
Vermutung ist, muss das so angegeben werden.
14. Ein Kein-Bericht-Bericht:
Jegliches Versäumnis, einen Bericht zu erhalten, oder ein unleserlicher Bericht
oder Folder.
15. Ein Falscher-Bericht-Bericht:
Jeder Bericht, den man erhalten hat und der sich als falsch herausstellte.
16. Ein Bericht über falsche Attestierung:
Jede falsche Attestierung, die bemerkt wurde, aber in diesem Fall wird das
Dokument dem Bericht beigefügt.
17. Ein Ärgernisbericht:
Alles, worüber man verärgert ist, wobei die Person oder der Teil einer Org oder die
Org angegeben werden, über die man verärgert ist, die Unterabteilung für
Inspektion und Berichte und eine höhere Org sind jedoch davon ausgenommen
und es darf über sie keinen Bericht geschrieben werden.
18. Ein Arbeistgefährdungsbericht:
Das Berichten über jede von einem Vorgesetzten erhaltene Anordnung, welche
die eigene Arbeit gefährdete, dadurch dass sie von einer verlangten, bekannten
Richtlinie zu verändern oder davon abzuweichen; die Anordnungen von
jemandem, der dem unmittelbaren Vorgesetzen vorgesetzt ist, welche von dem
eigenen, unmittelbaren Vorgesetzten abgeändert oder widerrufen wurden, oder
der Rat seines unmittelbaren Vorgesetzten, Anordnungen oder Richtlinien nicht zu
prüfen.
19. Technischer Alter-is-Bericht:
Jede angeordnete Abänderung von Technologie, die nicht in einem HCOB, Buch
oder auf einem LRH-Tonband angegeben ist.
20. Technischer Nicht-Befolgungsbericht:
Jedes Versagen, das korrekte technische Verfahren anzuwenden.
21. Wissensbericht:
Wenn man bemerkt, dass eine Untersuchung im Gange ist und man diesbezüglich
Daten hat, die für Ethik von Bedeutung sind.
Das soll nun tatsächlich etwas mit Ethik zu tun haben? Wir schütteln nur den Kopf und wir sind wirklich froh, kein Scientologe:in zu sein. Das ist wirklich der absolute Wahnsinn und mit dem von uns gewählte Titel «Mit der Ethik Kommission hat Scientology die völlige Kontrolle» treffen wir in’s Schwarze.
Kein Wunder werden die FASA Aktivisten so oft von Scientologen an ihren Einsätzen «begleitet». Ein paar von ihnen wurden an späteren Standaktionen nicht mehr gesichtet. Weil sie uns nicht «handhaben können»? Weil sie gegen uns nicht erfolgreich waren? Weil sie auf der ganzen Linie versagt haben? Mit all den Fotos und Videos von uns müssen die scientologischen Wissensberichte unglaublich lang geworden sein, was für eine Ehre für uns –herzlichen Dank, Scientology 😊. Hat die FASA bei der Ethik-Kommission Schweiz sogar ein eigenes Archiv erhalten oder liegen diese Wissensberichte vielleicht auch bereits in Kopenhagen oder sogar in Los Angeles? Wir würden uns nur geschmeichelt fühlen ab all der Ohnmacht von Scientology und der OSA uns gegenüber. Ihr bringt uns sicher nicht aus der Ruhe.
Kurze Zusammenfassung:
Mit diesen 21 Richtlinien für Berichte können wir euch versichern, dass unsere Einsätze im Deutschsprachigen Raum akribisch mit Fotos und Filmmaterial in mehreren Wissensberichten über die FASA bei der Ethik-Kommission abgegeben wurden. Diese Wissensberichte gelten auch um die internen Statistiken / Erfolge zu rechtfertigen. Weil wenn die FASA ein Einsatz vor Ort hat, brechen automatisch die Statistiken zusammen und die Europazentrale von Scientology in Kopenhagen ist überhaupt nicht entzückt. Mit einfachen und anderen Worten bedeutet dies, dass dank der FASA
- Fast keine neue Rekrutierung von Mitgliedern stattgefunden hat
- Der Verkauf von Scientology Material rückläufig ist
- Durch verschärfte Auflagen in diversen Städten die Scientologen ihrer Arbeit in alter Manie nicht mehr nachgehen können. Im Gegenteil, viele Städte und Gemeinden haben ihre Auflagen Scientology gegenüber wesentlich verschärft.
Spätestens in drei Tagen wird unser dritter Teil erscheinen. Stay tuned – bleiben Sie dran!
2 Kommentare zu „Mit der «Ethik Kommission» hat Scientology die völlige Kontrolle – Teil 2“