Denken und Handeln in Scientology

L. Ron Hubbard hat schrittweise ein ausgeklügeltes System erschaffen, welches von David Miscavige stets weiterentwickelt wird. Mit einem autoritären Führungsstil, welcher von allen Scientologen akzeptiert wird, wird weltweit versucht, neue Mitglieder anzuwerben.

Zuerst wird man charmant angesprochen – das erste Gespräch verläuft immer sehr sympathisch. Das kann sich jedoch sehr rasch ändern und das gute Gefühl geht bald verloren. Häufig angerufen zu werden und immer wieder zu hören «komm heute zu uns zum Gespräch», «der nächste Kurs ist sehr interessant», «wo bist du», «melde dich in einer Stunde», «das muss persönlich besprochen werden», «komm endlich zu uns», «wir müssen sofort an deinen Problemen arbeiten» löst ein mulmiges Gefühl aus und wer da nachgibt – und dies machen sehr viele – hat seinen linken Fuss bereits «drin».

Und genau dieser Augenblick ist entscheidend.

Ein aktuelles Beispiel: vor drei Wochen wurde jemand 10 Mal pro Tag von Scientologen angerufen und der Druck wurde stets weiter aufgebaut, aktiv zu bleiben, zu Scientology Org’s zu gehen und Kurse zu besuchen.

Wenn diese Anrufe nicht missachtet werden, kann es sein, dass die Person, die Interesse an Scientology zeigt, einknickt und sich nicht getraut zu widersprechen oder geschweige denn, sich aus dieser „Umarmung“ zu lösen. Man lenkt schliesslich ein und geht zu einem nächsten Treffen zu Scientology. Die Frage, die bleibt: Geschah dies durch den freien Willen der Person oder wurde da subtil nachgeholfen?

Bald besucht man den ersten Kurs und sehr bald lernt man Dinge, die man vorher nicht kannte und erste kleine Erfolge stellen sich ein, was Lust auf mehr macht, einen neuen Kurs zu besuchen. Auch lernt man, dass Scientologen Gutmenschen sind, dass sie die Welt besser machen, sie reinigen und die Absicht haben, die Welt zu retten – es scheint so, dass dies nur innerhalb der Organisation möglich ist.

Dies ist jedoch ausschliesslich die Wahrnehmung von Scientology.

Alle anderen Menschen, egal welches Hobby sie ausüben und begeistert davon sind, Gutes tun, in einem Verein sind, anderen Menschen helfen und unterstützen, welche jedoch anders denken und handeln als Scientologen, werden als Kritiker eingestuft, sobald sie etwas negatives bezüglich Scientology äussern.  

Dies führt dazu, dass Scientologen nicht mehr unterscheiden und Dinge differenziert auseinanderhalten können, denn mittlerweile gibt es für sie nur noch ein «schwarz-weisses» Denken. Für Grautöne gibt es keinen Platz mehr. Alles, was im Zusammenhang mit Scientology ist, ist gut und funktioniert. Alles andere ist schlecht und hat versagt – wie z.B. Psychiatrie, Psychologie, Regierungsmodelle etc. Es gibt nur noch Freunde oder Feinde.

In einem frühen Stadium der Scientology Mitgliedschaft sind plötzlich auch die Familie, die Eltern, Töchter und Söhne, Freunde und Bekannte wenig davon begeistert und sie machen sich grosse Sorgen. Und sie haben Angst. Angst, dass sie ihre geliebte Person bald verlieren. Für immer. Warum? Weil ein Nicht-Scientologe weiss, dass es kein perfektes Ultima in einem Gebiet geben kann und der Mensch sich weiterentwickelt indem er Fehler begehen muss, um dann die Lehren daraus ziehen zu können. Es findet also ein differenziertes Denken statt. Ein Scientology-Mitglied hat das perfekte Ultima gefunden. Dadurch entfällt ein differenziertes Denken (braucht es ja nicht mehr, da Scientology eindeutig FUNKTIONIERT).

Das neue Mitglied lernt rasch, nicht auf Aussenstehende zu hören. Und falls die Aussenstehenden nicht mit der Kritik aufhören, muss man entweder die Personen «handhaben» oder in einem bald darauffolgenden Schritt muss der Kontakt zu allen Kritikern abgebrochen werden – der Befehl heisst «Disconnect» und trotz wirklich sehr vielen weltweiten Beweisen streitet dies Scientology immer wieder ab.

Ein entscheidender Pfeiler wurde zwischen dem Scientology-Mitglied und der Aussenwelt eingeschlagen. Und alle Scientologen können anhand ihres Umfeldes selbst sehen, dass sie ausschliesslich mit Scientologen befreundet sind und nur innerhalb von Scientology Zeit mit Mitglieder verbringen. Auch geschäftlich basiert das Netzwerk überwiegend auf Mitglieder innerhalb der Organisation. Das bedeutet nicht, dass der Scientologe nicht auch mit anderen in Kontakt sein kann, jedoch würde der Kontakt oder eine Zusammenarbeit abgebrochen werden, wenn negatives zu Scientology gesagt würde.

So gibt es bald keine oder nur wenige Kontakte ausserhalb von Scientology. Zum einen wurden alle Kontakte abgebrochen und zum anderen ist wirklich nur noch das gut, was das Mitglied von L. Ron Hubbard lernt und hört. Die betreffende Person fühlt sich in der neuen Gemeinschaft extrem wohl und erhält auch viel Zuspruch, dass «man auf dem guten Weg ist» und sie hört, dass ihr Weg der eigenen Weiterentwicklung dient und grosse Erfolge anstehen.

Es gibt weltweit jedoch sehr viele Menschen, die Kritik an Scientology äussern und nicht mit dem System und der Vorgehensweise von L. Ron Hubbard und David Miscavige einverstanden sind. Wir sind bei den «suppressive persons» angelangt, bei den unterdrückerischen Personen, zu welchen auch wir gehören.

Scientology schreibt zum Umgang mit Kritikern, Gegnern und Aussteigern folgendes dazu:

«Eine unterdrückerische Person ist eine Person, die versucht, andere Leute in ihrer Umgebung zu unterdrücken. Eine unterdrückerische Person wird jede Bemühung, jemandem zu helfen, vermasseln oder herabsetzen und insbesondere jede Sache im Keim ersticken, die darauf angelegt ist, menschliche Wesen stärker oder intelligenter zu machen.

Die unterdrückerische Person ist auch unter der Bezeichnung antisoziale Persönlichkeit bekannt. In dieser Kategorie findet man Napoleon, Hitler, den reulosen Mörder und den Drogenboss. Doch während man diese leicht entdecken kann, allein schon aufgrund der vielen Toten, die sie hinterlassen, existieren antisoziale Persönlichkeiten auch im ganz normalen Leben und bleiben oft unbemerkt.

Die grundlegende Ursache, warum die unterdrückerische Person sich so verhält, wie sie es tut, liegt in einem verborgenen Horror vor anderen. Für sie ist jedes andere Wesen ein Feind – ein Feind, der hinterhältig oder auch offen zerstört werden muss. Die fixe Idee besteht darin, dass das Überleben selbst davon abhängt, „andere unten zu halten“ oder „Leute in Unwissenheit zu halten“. Wenn jemand verspricht, andere stärker oder intelligenter zu machen, würde die unterdrückerische Person äußerste Qualen erleiden.

Deswegen trachtet die unterdrückerische Person danach, Aktivitäten und Gruppen, die auf Verbesserung ausgerichtet sind, zu stören, unaufhörlich zu unterminieren, zu verunglimpfen und schlechte Nachrichten über sie zu verbreiten. Die antisoziale Persönlichkeit bekämpft auch das, worum es in Scientology geht: Menschen zu helfen, fähiger zu werden, und die Zustände in der Gesellschaft zu verbessern.»

Diese Aussagen sind nicht richtig – es gibt nicht wie oben bereits erwähnt nur noch schwarz oder weiss. Es gibt nicht nur noch Freund oder Feind. Im Leben haben viele Menschen eine bestimmte Ansicht und eigene Meinung und ebenso viele Menschen denken und fühlen wiederum anders. Man spricht darüber, diskutiert und philosophiert. Sei es im Beruf oder mit Freunden, in der Familie oder im Verein.

Und auch wenn wir, die FASA, stets friedlich und mit grossem Abstand vor / neben den Scientology Ständen stehen, sind wir keine Feinde. Wir haben per se auch nicht etwas gegen einzelne Scientologen, sondern wir verurteilen das System, die Manipulationen und das «schwarz-weiss» denken, was Scientologen dann ganz automatisch machen. Zudem kritisieren wir Scientology nicht nur, sondern wir haben uns auch mit dem Guten in Scientolgy auseinander gesetzt und darüber öffentlich berichtet. 

Und der kürzlich von Scientology Zürich veröffentliche Gewaltaufruf, natürlich von L. Ron Hubbard, ist nicht nachvollziehbar und in keiner einzigen Situation gibt es ein Gesetz, welches zu Gewalt aufruft, duldet oder fördert. Es hat absolut nichts mit gerecht oder ungerecht zu tun, «einem anderen in einer gerechten Sache weh zu tun».

Selbstverständlich verstehen wir, dass ein Mensch in Situationen kommen kann, wo ihm nichts mehr anderes übrig bleibt als Gewalt auszuüben (Notwehr). Trotzdem:

Gewalt ist keine Lösung und lässt sich nicht rechtfertigen.

Zudem gibt es in der Schweiz und in anderen Ländern eine Meinungsfreiheit, die ausgeübt und gelebt werden darf:

Art. 15 – Glaubens- und Gewissensfreiheit

1 Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist gewährleistet.

2 Jede Person hat das Recht, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen.

3 Jede Person hat das Recht, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören und religiösem Unterricht zu folgen.

4 Niemand darf gezwungen werden, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören, eine religiöse Handlung vorzunehmen oder religiösem Unterricht zu folgen.

Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit

1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.

2 Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.

3 Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten.

Ein Beispiel aus St. Gallen vom 4. Juni 2022:

Bei diesem Einsatz haben wir zum ersten Mal miterlebt, wie ein extrem aufgebrachter Passant die CCHR Standmitarbeiter auf übelste Weise verbal beschimpft hat und sogar mehrere Flyer und ein gebundenes Heft vom CCHR Stand auf den Boden warf. Der Passant hat uns kurz vorher erzählt, dass er vor Jahren einen guten Freund an Scientology verloren hat. Wir haben zugehört und seine Worte haben uns berührt. Er hat mit keinem Wort erwähnt, dass er nun an den CCHR Stand gehen und randalieren wird, denn wir hätten mit ihm gesprochen und ihn ruhig versucht, davon abzuhalten.

An diesem 4. Juni 2022 war die Stimmung auf der Strasse seltsam. Zuerst kam jemand auf uns zu, der gesagt hat, dass er unsere friedliche Arbeit mit grossem Abstand zwar toll findet, aber er den Stand gerne «zerstören» würde. Wir erwiderten, dass dies überhaupt keine Lösung ist und dass wir sehr viel bei der Polizei, Behörden, Städten und Gemeinden erreichen, weil wir unsere Arbeit im Vorder- wie auch im Hintergrund friedlich ausüben. Der Passant sagte, «macht weiter so» und ging weiter.

Dann hat uns eine angeheiterte Gruppe angesprochen und zuerst noch ruhig gefragt: «ist das ein Scientology Stand»? Wir haben mit ja geantwortet, denn man kann bei CCHR nicht erkennen, dass der Stand «Psychiatrie zerstört Leben» Scientology zuzuordnen ist (wir lassen hier die Diskussionen betr. eigenständige Vereine bewusst weg). Plötzlich sagt einer «Denen haue ich eine in die Fresse»… Wir haben sofort deeskaliert und ruhig gesagt, «macht dies bitte nicht, bleibt bitte ruhig und friedlich, so erreicht ihr gar nichts». Nach ein paar Schritten hat sich der angeheiterte Passant glücklicherweise umgedreht und er hat wohl auf unsere Worte wie auch auf die Worte seines Freundes gehört und sie sind dann von dannen gezogen mit dem Zuruf «ihr macht einen guten Job».

Zurück zum anderen aufgewühlten und aggressiven Passanten, der am CCHR Stand kurz randaliert hat. Nachdem bereits Flyer und ein gebundenes Heft am Boden lag, haben wir bereits unser Handy in der Hand gehalten. Bei einer weiteren kleinen Ausfälligkeit hätten wir sofort die Polizei angerufen. Gewalt geht einfach nicht. Auf keiner Seite.

Als ab 17 Uhr die CCHR Standmitarbeiter in St. Gallen mit dem Standabbau begonnen haben, hat Beat spontan seine gelbe Weste ausgezogen und ging zum CCHR Stand. Das war nicht geplant und passierte einfach so. Er hat die zwei Scientologen ruhig wie folgt angesprochen: «Ich würde gerne einmal mit euch ein Bier trinken – ihr wärt bestimmt nette Menschen, wenn ihr nicht Scientologen wärt». Zuerst wussten die Scientologen nicht, wie sie diese Aussagen deuten sollten und sie haben weitergearbeitet. Beat weiter: «Ich würde wirklich gerne und ohne Vorwürfe von euch wissen, was eure Beweggründe seid und wieso ihr denkt, dass Scientology das einzig Gute ist.». Nun haben sie mich angeschaut und aufgehört mit dem Zusammenräumen.

Wir kamen auch auf den aggressiven Passanten zu sprechen und sofort hat Beat den Vorwurf gehört, «dass wir Passanten zu Gewalt aufhetzen würden». Da sind wir wieder beim entweder gut oder böse sein. Dieses abstrakte und fixierte schwarz-weisse Denken stimmt einfach nicht.

Selbstverständlich hat Beat die Situation aufklären können und gesagt, dass wir kurz davor waren, die Polizei zu rufen, wenn nur noch das kleinste passiert wäre. MC hat gefragt: «Das hättet ihr wirklich gemacht»? «Natürlich». Er hat sich bedankt und gesagt, dass sie sehen, «dass wir unsere Auflagen und Abstände immer einhalten». Und dass sie dies «respektieren».

Zum ersten Mal nach drei Jahren haben wir ein ruhiges Gespräch mit Scientologen geführt und vielleicht haben sie gesehen, gehört und gespürt, dass wir uns immer an die Auflagen halten, dass wir keinen Standbetrieb stören und auch nie in ein Gespräch intervenieren. Wir üben unsere Meinungsfreiheit mit der Bewilligung von den Städten und von der Polizei aus.

Gerne halten wir folgendes fest: CCHR ist die einzige Tarnorganisation, welche sich uns gegenüber stets respektvoll und ruhig verhalten hat. Es gab nie störende Aktionen (was wir von anderen Scientologen leider nicht sagen können), es gab keine belästigenden und aggressiven Aktionen, welche dazu führen sollen, dass Passanten Flyer fast entgegennehmen müssen und CCHR Mitarbeiter stehen immer hinter oder einen Meter vor oder neben ihrem Stand – sie stehen auch nie im Gehfluss der Passanten. Das respektieren auch wir und wir wissen dies wirklich sehr zu schätzen.

Vielleicht gibt es Scientologen, die sich Gedanken über unsere Zeilen machen.

Auf diesem Planeten gibt es das perfekte Ultima Ratio System nicht. Scientology ist wie alles Andere ein Weg, welcher im Ansatz zwar gut gemeint war, sich aber auf dem Weg selber verloren hat. Wäre es der perfekte funktionierende Weg, dann lieber Scientologe, dann solltest Du dir die Frage stellen: 72 Jahre perfekter Weg und doch keinen Meter vorangekommen in der Gesellschaft – warum? 

Das Leben ist einfach wunderbar und alle, die es wollen, können sich persönlich entfalten, einander wertschätzen, sich verwirklichen, die Freiheit und die Freizeit geniessen, philosophieren und diskutieren.

Und dies ohne steten Druck, immer wieder die nächsten Kurse zu besuchen und ohne sehr viel Geld zu investieren. Freiheit und das machen, was wir uns wünschen und wollen, kann man NICHT mit Geld erkaufen!

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