Buch – Entkommen, eine Ex-Scientologin erzählt

Buch – Entkommen, eine Ex-Scientologin erzählt

Die Sommerzeit ist eigentlich dafür bekannt, während den Ferien genügend Zeit zu haben, ein oder mehrere Bücher zu lesen. Und so kam es, dass wir Mitte Juni 2023 das o.e. Buch von einem lieben und geschätzten Sektenexperten und Diplom-Psychologe, Dieter Rohmann mit folgender persönlicher Mitteilung erhalten haben:

«Vielleicht habt ihr ja auch noch Verwendung für das Buch einer ehemaligen Klientin von mir.»

Wow…. was für eine unglaubliche Überraschung und Wertschätzung unserer ehrenamtlichen Aufklärungsarbeit im ganzen deutschsprachigen Raum.

Dieses Buch mit der wahren Geschichte der Aussteigerin «Anna» erschien im Dezember 1993, also vor 30 Jahren, und ihre Erfahrungen gelten leider noch heute!

Hier eine kleine Zusammenfassung:
Anna ist eine junge Frau Mitte zwanzig und noch nicht so mit zufrieden mit ihrem Leben. Durch ihre Erfahrungen aus der Kindheit und die schlechte Beziehung zur Mutter, hat sie verschiedene Problemstellen. Eines Abends bringt ihr damaliger toxischer Freund das Dianetik Buch mit, welches er auf der Drogenbeschaffungs-Tour auf der Strasse von einem Scientologen für DM 10.— gekauft hat.

Anna fühlt sich auch in Gegenwart seines Freundes alleine, beginnt dieses Buch im Bett zu lesen und wird in ihrem Denken vom Sektenguru L. Ron Hubbard bestätigt. Sie ist so begeistert, dass sie sich ein paar Tage später mit einem Flyer, der dem Buch beiliegt, für einen Persönlichkeitstest bei Scientology anmeldet.

Bald darauf erhält sie ein Telefonat und sie vereinbart gleich einen Termin im Scientology Zentrum, um den Persönlichkeitstest auszufüllen und für das erste Auditing. Scientology hat sie in einem schwachen Lebensmoment zusätzlich auch mit «Love bombing» erwischt.

Was ist «Love Bombing»: Love Bombing beschreibt ein Dating Phänomen, hinter dem nicht die Absicht steht, eine liebevolle und respektvolle Beziehung zu führen. Vielmehr geht es der ausführenden Person darum, im Mittelpunkt zu stehen und Aufmerksamkeit zu erhalten. Im Grunde geht es dabei darum, das Gegenüber abhängig zu machen und dazu zu bringen, sich so zu verhalte wie man es sich wünscht.

Sie ist von den Auditing-Sessions so angetan, dass sie bald danach ein Paket kauft, das aber leider viel zu rasch zu Ende geht, ohne dass sie den Ursprung ihrer Probleme erkennt. Und da sie zu dieser Zeit als Kellnerin arbeitet, besitzt sie auch nicht genügend Geld, um die teuren Auditings und Kurse zu finanzieren.

Schlag auf Schlag wird sie von den Scientologen rekrutiert und man bietet ihr einen 2,5 oder 5-jährigen Vertrag als Staff-Mitarbeiterin, wodurch sie die Möglichkeit erhält, alle Kurse gratis zu besuchen, aber für Scientology 44 Stunden pro Woche arbeiten muss. Da ihre Beziehung in diesem Moment nicht so rosig läuft und sie niemanden zum Reden hat, tappt sie als junger Mensch in die bekannte Sekten-Falle hinein.

Nach langem Hin und Her unterschreibt sie einen Scientology-Vertrag über fünf Jahre und beginnt gleich als Nanny im eigenen Scientology-Hort (Kita) mit Kindern zu arbeiten (in unserem Beitrag vom 22. Juli 2023 haben wir eine Passage vom Buch publiziert). Zu dieser Zeit besass sie wieder ein fundiertes Wissen, um mit Kindern zu arbeiten und schon gar nicht, die Kinder fachgerecht zu erziehen.

So kam es, dass sie nebst ihrer Kellnerin-Arbeit im Scientology Zentrum 44-Stunden Einsätze pro Woche absolvierte, und zusätzlich noch den bekannten Einstiegskurs «Kommunikations-Kurs – TR-Kurs» studierte, L. Ron Hubbards Pseudowissenschaft (Gehirnwäsche). Da blieb keine Zeit mehr für Freunde und ihr für Umfeld übrig.

Natürlich bemerkten dies ihre Freunde und ihre Arbeitskollegen und sie sprachen Anna auf diese rasche Charakter-Veränderung (Veränderung des Wesens) an. Sie erhofften sich eine Antwort aber in altbekannter Scientology-Manie ging Anna gar nicht erst auf die Fragen ein und hat alles abgestritten.

Sogar ihr ich-bezogener Freund machte sich Sorgen um Anna und bei einem Treffen in ihrer Wohnung kam es zu heftigen Diskussionen und einer fast schlaflosen Nacht. Er schaffte es schliesslich, Anna zu ihrer besten Freundin zu bringen, damit die Freundin bei einem gemeinsamen Frühstück ihr Glück versuchen konnte. Bei diesem Frühstück zeigte man Anna verschiedene Beweise über die Gefährlichkeit von Scientology.

Und so haben die Freunde von Anna ihre Flucht vorbereitet, welche schliesslich auch gelang. Mit ihrem Freund wurde sie an einen unbekannten Bahnhof gebracht, wo sie dann den Zug zum Safe-Haus nahmen. Während der Fahrt war Anna geistig total durcheinander und sie wusste nicht, was mit ihr geschieht.

Im Safe-Haus angekommen wurde sie über Scientology aufgeklärt und mit viel Schlaf, Leselektüre und Gespräche konnte sie nach 2-3 Wochen die nötige Klarheit finden. Sie erholte sich geistig und körperlich von ihrer Scientology Erfahrung und bekam genügend Kraft zurück, ihre Zukunft wieder in Angriff zu nehmen. Sie kehrte nach Wochen wieder in ihre alte Heimat zurück und wurde, wie uns allen bekannt ist, gestalkt und telefonisch belästigt (die typischen Fair Game Methoden). Dank der liebevollen Rückendeckung ihrer alten Freunde, ging auch dies gut aus.

Das Buch endet mit folgenden Sätzen auf einem Aussichtsturm:
«Mir gefällt diese unverbindliche Vertrautheit. Nach einer ganzen Weile drehen wir uns zueinander um, sehen uns tief in die Augen, und er bricht das Schweigen.
«Von jetzt an nur noch kleine Dummheiten, okay?». «Mal schauen, das lässt sich wohl nicht planen, oder?»

Anmerkung FASA
Alleine das Vorwort in diesem Buch des bekannten Sektenkenners Karl Herrmann ist ein beeindruckender Beginn. Karl Herrmann beschreibt für Laien in ein paar Seiten, was Scientology ist und wie diese Organisation funktioniert. An der Rekrutierungs-Methode hat sich seit den 80er und 90er Jahren überhaupt nichts geändert und bei einem Ausstieg sieht der Weg aus dieser Sekte gleich aus. Alle potenziellen Aussteiger müssen von dieser geldgeilen Wirtschaftssekte flüchten und für eine Zeit irgendwo unterkommen. Dass sich Aussteiger zuerst eine Weile vor dieser Sekte verstecken, haben wir nun bereits zwei Mal gehört und im Augenblick sind wir auf der Suche nach einem solchen Safe-Haus.

Auch das Glossar mit den Erklärungen der scientologischen Ausdrücke ist sensationell und hilft dem Leser, die Aussagen von Anna besser zu verstehen. Ihr wisst ja, dass Scientology eine eigene kryptische Sprache besitzt. Und dann gibt es auch noch verschiedene Informationen und Tipps, wohin man sich als Betroffene Person wenden kann und ein kleiner juristischer Ratgeber wie:

Arbeitsrecht, Datenschutz, belästigende Werbung – Telefonanrufe usw., öffentliche Äusserungen über Scientology, Austritt, Rückzahlung, Erbrecht.

Den Tipp betr. «öffentliche Äusserungen über Scientology» passt genau zu unserer ehrenamtlichen Arbeit im Blog. Wir zitieren:

«Jeder kann über seine persönlichen Erlebnisse und seine persönlichen Wahrnehmungen offen sprechen. Ein Bericht über selbsterlebte Tatsachen fällt unter die Meinungsfreiheit und kann nicht verboten werden. Auch Meinungen können frei geäussert werden, sofern sie nicht ohne sachlichen Grund grob beleidigend sind. Es kann also beispielsweise geäussert werden, dass es sich bei Scientology um eine «faschistoide» oder «totalitäre» Organisation handelt, denn dabei handelt es sich um eine typische Meinung.

Scientologen neigen dazu, anwaltlich abzumahnen und Klage anzudrohen. Die Ankündigung gerichtlicher Schritte ist jedoch häufig eine blosse Drohgebärde und hat keinen konkreten, rechtlichen Hintergrund. Fast alle bekanntgewordenen Abmahnungen waren rechtlich unbeachtlich und sind dann auch nicht weiterverfolgt worden oder waren im Ergebnis erfolglos. Vorsorglich sollte aber in Zweifelsfragen fachlicher Rat eingeholt werden.»

Das Buch kann z.B. bei Amazon oder ZVAB sehr günstig bestellt / gekauft werden.

Wir hoffen sehr, dass es der Aussteigerin «Anna» heute nach über 30 Jahren sehr gut geht und dass sie die 7-wöchige toxischen Manipulationen seitens Scientology gut verarbeiten konnte.

Leider ist dies nicht immer möglich, denn auch bei Aussteiger, die vor vielen Jahren ausgestiegen sind, kommen gelegentlich Erinnerungen und Erlebnisse hoch, so prägend war ihre Zeit bei Scientology. Deshalb versuchen wir mit unserer Aufklärungsarbeit bereit im Voraus zu sensibilisieren und warnen – sei es mit Blogartikel oder mit Schildern vor den Ständen:

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